Ein Nachruf für Georg “Schurli” Sturm

Georg Sturm

 

„Versucht die Welt ein bisschen besser zu verlassen als ihr sie vorgefunden habt.“

Lord Baden-Powell

 

 

 

 

 

Am 24. November ist Georg “Schurli” Sturm nach schwerer Krankheit von uns gegangen.

Für uns war er einer der wichtigsten Pfadfinder. Er hat unsere Gruppe in den 1970er und 1980er zu einer der größten Pfadfindergruppen Österreichs geführt. Viele Dinge, die uns heute so selbstverständlich und wichtig sind, sind durch ihn in unsere Gruppe gebracht und durch sein Engagement erst zum Leben erweckt worden, so zum Beispiel unser Georgsgrund oder der größte Teil unserer Ausrüstung.

Hier ein persönlicher Nachruf einiger seiner Wegbegleiter.

 

 

Ein Pfadfinderurgestein

Wenn ich die gemeinsamen Jahre mit Schurli in der Pfadfindergruppe Maxglan überdenke, kann ich sagen, er war für mich so etwas wie ein ‚pfadfinderischer Ziehvater-‘. Er hat mich als Quereinsteiger mit gut 15 Jahren in die Gruppe – speziell in die Roverrotte – integriert und mich für die Pfadfinderidee begeistert. Die tolle Gemeinschaft, das gemeinsame Abenteuer auf Wanderlagern oder auf Auslandsfahrten (z.B. 1968 nach Rom), die Adventwanderungen und vieles mehr faszinierten mich und schufen allmählich in mir die Voraussetzungen, gegebenenfalls einmal in seine Fußstapfen zu treten. Das kam dann schneller als erwartet:

1972 übernahm Schurli die Gruppenführung und ich mit Pilz Franz die Führung der Roverrotte in Maxglan. Es waren schöne und intensive Jahre; gemeinsam bauten wir aus, was Schurli grundgelegt hatte: Wir fuhren mit Flößen auf der Salzach, ruderten mit Schlauchbooten in der Tarn-Schlucht im französischen Zentralmassiv oder durchstreiften die Highlands in Schottland. Schurli unterstützte uns bei all diesen Unternehmen; sei es, dass er wichtige Kontakte herstellte oder dass er im Hintergrund beratend zur Seite stand.

1980 wurde ich zum Bundesbeauftragten für Rover berufen, damals liefen gerade die Planungen für das austriajamborette aja 81 mit dem RaRo-Unterlager Vagant an. Geplant war außer dem Standlager beim Stift Rein ein fünftägiges Wanderlager mit fünf Gruppen zu je 120 TeilnehmerInnen. Nahezu die gesamte personelle und materielle Infrastruktur wurde von der Gruppe und der Gilde Maxglan gestellt.

Mein Vorgänger als Rover-Bundesbeauftragter meinte einmal auf diesem Lager: Du hast Glück, du hast ja eine ‚Hausmacht’ hinter dir. Diese Glück hatte einen Namen: Schurli und die Maxglaner.

Als Ende 1985 Schurli die Führung der Bubengruppe der Maxglaner Pfadfinder zurücklegte, war ich pfadfinderisch von ihm bereits so geformt, dass er es mir zutraute, auch in einer nicht ganz einfachen Ausgangssituation die Bubengruppe zu übernehmen. Er war aber – gottseidank – nie gänzlich von der Bildfläche verschwunden. Jubiläen wie 25 Jahre Roverkreuz auf der Vierkaseralm (1987) oder 60 Jahre Pfadfindergruppe Maxglan (1989) wurden von ihm tatkräftigst propagiert.

Mein Rücktritt als Gruppenführer (1992) und sein immer stärker werdendes Engagement im Landesverband führten dazu, dass sich unsere gemeinsamen Wege allmählich trennten.

Pfadfinderisch geprägt, bin ich bis heute Mitglied des Aufsichtsrates unserer Gruppe, wenn auch in den letzten Jahren nur mehr in beratender Funktion.

Einmal Pfadfinder, immer Pfadfinder.

Danke Schurli!

Josef Reischl, ehemaliger Gruppenführer

 

Der Menschenfischer

Das Jahr 1964 war für mich schicksalshaft. Es war das Jahr, in dem ich mit 8 Jahren als Wölfling zur Pfadfindergruppe Maxglan gekommen bin. In der ersten Heimstunde haben wir Nistkästen für Vögel gebastelt und wir wurden aufgerufen, in der nächsten Heimstunde unseren Vater oder einen älteren Bruder mitzunehmen, die uns beim Montieren der Nistkästen an den Bäumen an der Glan helfen sollten. Ich habe meinen Bruder Reinhold mitgenommen. Bei der Aktion war auch Schurli dabei, damals Roverführer – und damit war auch Reinhold als junger- Rover Mitglied der Pfadfindergruppe Maxglan geworden. Das war eben eine der herausragenden Eigenschaften von Schurli: Er verstand es wie kaum ein anderer, Menschen von der Pfadfinderidee, von der er selbst so überzeugt war, zu begeistern. Nicht umsonst zählte in seiner Ära als Gruppenfeldmeister Maxglan zu den größten Pfadfindergruppen in Österreich. Einige Jahre später kam auch Andrea durch Schurli zu den Pfadfindern, ohne ihn hätte ich also meine Frau nie kennengelernt.

Ein zweites persönliches Erlebnis aus meiner Kindheit möche ich noch anführen. Es war Sommerbeginn des Jahres 1967. Die Maxglaner Rover machten sich am Samstag Nachmittag auf den Weg auf die Vierkaser Alm und ich durfte als einziger Wölfling mit dabei sein. Am Sonntag sollte mit einer Feldmesse der Einweihung des Roverkreuzes fünf Jahre zuvor gedacht werden. Wir nächtigten in der damals noch einigermaßen intakten Almhütte und ich lauschte gebannt den Worte von Schurli, der die schwierige Entstehungsgeschiche des Roverkreuzes schilderte. Das war auch eine seiner großen Stärken: eine Atmosphäre zu schaffen, in der er junge Menschen mit seinen Worten fesseln und dabei wichtige Botschaften vermitteln konnte.

Ein ganz großes Anliegen von Schurli war auch der Wahlspruch Einmal Pfadfinder – immer Pfadfinder, den er selbst bis zuletzt vorgelebt hatte. Er war immer bestrebt, junge Erwachsene, die der Jugendbewegung entwachsen waren, dauerhaft an die Pfadfinderbewegung zu binden, sei es als Jugendleiter oder in anderen Funktionen. So haben bei den Maxglanern die Mitarbeiter immer eine wichtige Rolle gespielt, um Aufgaben im Hintergrund wahrzunehmen oder bei Großaktionen entscheidend mitzuhelfen. Diese Tradition besteht bis heute, nämlich in Form der Hands. Schurli hat aber auch erkannt, dass die Pfadfinder-Gilden eine gute Institution sind, um Erwachsene im Geist der Pfadfinderidee zu organisieren. Auch da hat das Jahr 1964 wieder eine entscheidende Rolle gespielt. Im Anschluss an eine Adventwanderung, die übrigens ebenfalls auf seine Initiative zurückgeht, hat Schurli angeregt, dass die jungen Männer, die zu alt für die Rover geworden waren, eine Gilde gründen sollten. So entstand 1964 die Pfadfinder-Gilde Maxglan, deren Gildemeister ich seit fast 20 Jahren sein darf und deren Ehrenmitglied Schurli war. Anfang November fand schließlich die Investitur der 6er-Gilde Pfadfinder Maxglan statt, deren Gründung ebenfalls Schurli zu verdanken ist. Er hat beim 80-Jahr-Jubiläum der Maxglaner am Zellhof ehemalige Gruppenmitglieder darauf angesprochen. Bei der Investitur war es ihm aus gesundheitlichen Gründen leider nicht mehr möglich, anwesend zu sein.

Diese Beispiele zeigen, dass Schurli auf seinem Weg viele unauslöschbare Spuren hinterlassen hat. BiPi hat einmal gesagt: „Zwinge dich dazu, immer den hellen Streifen hinter den schwärzesten Wolken zu sehen, und du wirst einem dunklen Ausblick auf die Zukunft voll Vertrauen standhalten können.“ Dieses Vertrauen in dieser schmerzlichen Zeit der Trauer wünsche ich vor allem der Familie von Schurli.

Lieber Schurli, Gut Pfad auf deinem letzten irdischen- Weg!

Fritz Ortner, Gildemeister

 

Ein gemeinsamer Weg

Als ich im Mai 1976 die Leitung der Pfadfinderinnen in Maxglan übernahm, waren in Salzburg der Buben- und der Mädchenverband noch nicht fusioniert. Die ‚vorsichtige‘ Zusammenarbeit begann erst.

In Pfadfinderkreisen weit über Salzburg hinaus – so erlebte ich es – wurde Maxglan und Schurli stets in einem Atemzug gedacht und genannt. Er war das tragende Element der Gruppe. Als Neuling mit viel gutem Willen aber wenig Ahnung von der Pfadfinderei bot mir Schurli Hilfe und Unterstützung an, was ich gerne und dankbar annahm. Durch Schurli konnte ich mich bei den Pfadfindern beheimaten; von ihm lernte und erfuhr ich alles wichtige. Schurli lebte die Pfadfinderidee glaubhaft vor und verstand es andere zu begeistern. Dabei wirkte er zurückhaltend und ruhig. Er blieb meistens im Hintergrund, unaufdringlich und bescheiden, hielt aber die Fäden in der Hand. Wichtig war ihm auch, dass in unserer säkularisierten Welt in der Pfadfinderarbeit die Bindung zu Gott als tragende Basis nicht verloren ging. Schurli kannte nahezu jedes Gruppenmitglied mit Namen, war jeden Samstag zur Zeit der Heimstunden in Maxglan und war selbst für den jüngsten Wölfling und das kleinste Wichtel ein wichtiger Ansprechpartner.

Er war in der Regel mitten zwischen den Kindern und wandte sich jedem zu. Daneben verlor er die große Linie nicht aus den Augen. Er hatte immer wieder neue Ideen, Pläne und Träume für die Gruppe und für den Landesverband, die nach und nach umgesetzt wurden.

Vorbereitung und Leitung des ersten Salzburger Landeslagers Salala 77 am Zellhof (an dem zum ersten Mal Pfadfinderinnen und Pfadfinder gemeinsam ein Lager durchführten), die Gestaltung der 50-Jahr-Feier unserer Gruppe mit eigenem Wandkalender und einer ersten Chronik, die Anmietung des Georgsgrundes, die Errichtung eines Archives bis zuletzt der Erwerb eines eigenen Pfadfinderhauses der Maxglaner waren einige solcher Ziele, die er nicht aus dem Auge verlor.

Für mich ist die Erinnerung an die Arbeit der Gruppe Salzburg 6 untrennbar mit Schurli verbunden. Es war eine gute und einprägsame Wegstrecke in meinem Leben. Ich habe viel Schönes erlebt und wichtige Erfahrungen gemacht, an die ich mich gerne in Dankbarkeit erinnere.

Schurli, du hast deine Aufgabe erfüllt und bist nach Hause gegangen; unsere Gedanken begleiten dich.

Magdalena Stockinger, Ehrengruppenführerin der Maxglaner

 

Prägende Zeiten

Ich lernte Schurli in meiner Kindheit kennen, er fragte mich öfters, ob ich nicht zu den Pfadfindern kommen wolle (ich war eigentlich beim Fußballverein). Damals gab es von Schurli geplante Lagerfeuerabende, vor allem in der Gegend um Wartberg, Großgmain, gemeinsam mit Ministranten und der Jungschar aus der Pfarre Maxglan. Ich selbst war auch Ministrant und mit dabei. Nach diesen Treffen lud mich Schurli zu sich nach Hause in seine Werkstatt ein, um mit mir über die Pfadfinder zu sprechen. Eines Tages war ich dann auch ein Pfadfinder. Er verstand es einfach gut, zu Jugendlichen Kontakt herzustellen und die Pfadfinderbewegung als etwas Besonderes darzustellen. Er prägte mich und viele andere in dem er die Pfadfinderidee vorlebte.

In meiner Roverzeit wurden viele Veranstaltungen, mit Schurli als Gruppenführer, organisiert und abgehalten. Er war immer mit dabei und stets ein Vorbild. Sein Vertrauen in uns Jugendliche war immer sehr groß; ich erinnere mich an den ‚heiligen‘ Gruppen-VW-Bus, den wir für diverse Ausfahrten ausleihen durften, obwohl wir gerade erst den Führerschein gemacht hatten.

Schurlis Ideal prägte mich für mein weiteres Leben und in Folge auch meine eigene Familie, in der die Pfadfinderei nicht mehr wegzudenken ist. Heute bin ich selbst Gruppenführer in Maxglan.

Besonders in den letzten Jahren war Schurli eine große Hilfe und Unterstützung für uns Maxglaner. Zum Beispiel unser Buch 80 Jahre Maxglan: Viele Autoren nutzten Schurlis Wissen und sein Archiv, um für ihre Beiträge zu recherchieren. Oder seine letztes großes Werk für unsere Gruppe: das Fischerhaus. Ich kann mich noch genau erinnern, als er mich vor nicht allzulanger Zeit anrief und fragte, ob es nicht eine Idee wäre, das Grundstück samt Fischerhaus zu kaufen.

„Schurli,” sagte ich zu ihm, „das wäre was. Bin gestern mit dem Auto vobeigefahren. Das Haus steht ja leer, was ist mit Frau Fischer?” Schurli machte sich gleich daran Gespräche zu suchen und zu finden. Durch seinen Anstoß gelang es uns zum ersten Mal ein Haus und ein Grundstück unser Eigen zu nennen.

Schurli, danke für alles was du für mich und für uns alle gemacht hast. Du hast deine Aufgabe erfüllt und bist nach Hause gegangen.

In ewiger Erinnerung.

Ernst Fuchs, Gruppenführer